Station 10 – Weyarner Kulturpfad

Südlicher Rathausplatz

Vom „Alten Wirt“ aus gehen wir zurück zur Ampel, dort links in die Ignaz-Günther-Straße Richtung Dorfmitte.

Skulptur von Karl-Jakob SchwalbachWir passieren die Weyarner Bücherei und treffen vor der Sparkasse auf eine Bronze-Skulptur von Karl-Jakob Schwalbach.
(Mehr Infos dazu demnächst.)

An der Einmündung der Joh.-Baptist-Zimmermann-Straße sehen wir beiderseits Häuser, die auf Klosterbauten zurückgehen. An der Engstelle rechts befand sich früher der südliche Zugang zum Wirtschaftshof. Ein Torbogen verband die beiden gegenüberliegenden Häuser.

Wir gelangen nun zum südlichen Rathausplatz, dem früheren Seminarhof
– ein Ort, an dem sich Geschichte und Kultur besonders vielfältig widerspiegeln.

Den Seminarhof umgeben zur Rechten der Richterstock, etwas zurückgesetzt die Klosterkirche St. Peter und Paul, gegenüber am westlichen Rand des Platzes das ältere Seminargebäude der Augustiner Chorherren; der etwas jüngere Erweiterungsbau schließt sich rechtwinklig dazu an. Es folgen zwei Kapellen:

  • Die Jakobs-Kapelle, die in der Stifterurkunde von 1133 erwähnt wird, ist das älteste Gebäude der Anlage. Sie ist romanischen Ursprungs und wurde im 18. Jahrhundert barockisiert. Zwei Heiligenfiguren und die Mater Dolorosa stammen von Ignaz Günther.
  • Die 1642 errichtete Wallfahrtskapelle Maria Hilf wurde um 1782 im Stil des bayerischen Rokokos erneuert.

Im Alltag des Weyarner Klosters spielte Bildung über viele Jahrhunderte eine große Rolle. Gerade in Weyarn enthält das bauliche, geistige und kulturelle Erbe der Augustiner Chorherren zahlreiche Schätze. Die Musikpflege der Chorherren war bemerkenswert. So konnten Kostbarkeiten Weyarner Komponisten aus dem Rokoko in den letzten Jahren erstmals wiederaufgeführt werden (Dr. Sixtus Lampl). Die Neugestaltung des Platzes im Jahr 2009 erfolgte im Zusammenhang mit einem Wettbewerb im Zuge der Dorfentwicklung nach dem Konzept des Valleyer Bildhauers Karl Jakob Schwalbach. Eine runde Säule („Summstein“), ein Brunnenstein und ein Wasserbecken in Mondsichelform bilden den Gegenpol zum Kriegerdenkmal von 1899. Dem Plan, die Säule mit einer Madonna zu versehen – in Erinnerung an die in der Säkularisation entfernte Mariensäule – und dafür das steinerne Postament des Kriegerdenkmals zu verschmälern, wollten Denkmalschutzamt und viele Bürger von Weyarn jedoch nicht zustimmen.

Bildung im Kloster Weyarn im Wandel der Zeit

1133 wurde das Kloster Weyarn als Stift der Augustiner Chorherren unter dem Patronat des Erzbischofs Konrad von Salzburg (1106-1147) gegründet. Ein Schulbetrieb wurde für das Kloster Weyarn erstmals 1560 erwähnt. Zu unterscheiden war zwischen einer externen und einer internen Schule. Die externe Schule war eine weiterführende Lateinschule für Knaben, die auch als Chorknaben und Ministranten eingesetzt werden konnten. Interne Schulen dienten ausnahmslos dem eigenen Ordensnachwuchs. Die Augustiner betrieben damals nur eine (externe) „Schule für Singknaben“. Unterrichtet wurden die Knaben von einem an der Universität Dillingen ausgebildeten Schulmeister, der als Angestellter nicht zum Konvent gehörte.

Mit der Gegenreformation der katholischen Kirche ab etwa 1545 erfolgte auch eine umfassende Reform der Priesterausbildung. Unter anderem wurden die Zugangsvoraussetzungen für den Priester- und Ordensstand angehoben. Eine große Rolle spielten dabei die Jesuiten, die ausgehend von ihren Gymnasien das Ausbildungsmodell für das katholischen Europa vorgaben. Klosterschulen bildeten dabei im Wesentlichen Schulen im Vorfeld der überwiegend jesuitischen Gymnasien. In den Klöstern wurden Grammatikklassen unterrichtet. Vorwiegend in den Jesuiten-Gymnasien wurden „Humanitas“ und „Rhetorik“ gelehrt. „Philosophie“ (2 Jahre) und „Theologie“ (3 Jahre) folgten u.a. an Universitäten und Priesterseminaren. Für einen Klostereintritt genügte bis zur Mitte des 17.Jh. (in Weyarn bis 1672) der Abschluss der Grammatikklassen. Nur im Rahmen der Priesterausbildung mussten auch die Oberlassen absolviert werden. Ab 1672 musste, wer in ein Kloster eintreten wollte, zunächst ein Jesuiten-Gymnasium besuchen.

Der Ausbau des Weyarner Bildungswesens unter Valentin Steyrer

„Auch Weyarn konnte sich dank der Initiative des ebenso umtriebigen wie durchsetzungsstarken Propstes Valentin Steyrer (reg. 1626-1659) über viele Jahre hinweg als Schulstandort etablieren. Nach dem Tod des letzten angestellten Schulmeisters gründete Steyrer 1643 ein Seminar, in dem die Chorherren selbst den Unterricht übernahmen.
Steyrer hatte weitergehende Pläne. Sein Ziel war ein Seminar für zwölf Knaben, die ein Priester unterrichten sollte. Mit der Zahl zwölf spielte er explizit auf die zwölf Apostel an. Voraussetzung für die Aufnahme waren rudimentäre Lateinkenntnisse. Die Ausbildung war umfassend angelegt, sowohl was die Inhalte als auch das Lehrprogramm betraf, und sah als Berufsziel Ordens- oder Weltpriester vor. Der Besuch des Seminars sollte durch Stipendienstiftungen kostenlos sein. Da sich jedoch nicht genügend Stifter für Stipendien fanden, konnte das Konzept nicht umgesetzt werden. Um den Bau des Schulhauses zu finanzieren, bat Valentin Steyrer dann ab 1646 um die Inkorporation der neuen Wallfahrt in WeihenIinden. Die Weyarner Schule entwickelte sich zu einem Gymnasium, das bis in die 1770er-Jahre nur die Grammatikklassen anbot. Der Besuch war – bis auf einen Freiplatz – kostenpflichtig. Ende des 18. Jahrhunderts warf das Seminar sogar Gewinne ab. Den Unterricht der 6o-1oo Schüler übernahm jeweils ein Chorherr, der gleichzeitig oft auch Chorleiter war. Unterstützt wurde er von einem Musiklehrer, der ebenfalls dem Konvent angehörte. Die enge Verbindung zwischen Schule und Musikunterricht schlug sich auch architektonisch durch die Nähe des Schulhauses zur Empore, auf der auch das Chorgebet stattfand, nieder. Über die im Archiv des Erzbistums München und Freising lagernden Listen der Mitwirkenden des Schultheaters lässt sich die Sozialstruktur der Weyarner Schüler rekonstruieren. Dabei zeigt sich, dass der Anteil von Städtern, auch aus München, durchwegs hoch war. Der kleinere Anteil von Schülern aus Dörfern und aus Bauernfamilien nahm erst Ende des t8. Jahrhunderts deutlich zu.“
(Förderverein Kultur und Geschichte in Weyarn e.V., Chronik Band VIII: Klosterschätze“, S.4)

Kloster Weyarn und das Bildungswesen ab 1750

  • Aufklärung im Konflikt mit Jesuiten
  • 1773: Aufhebung des Jesuitenordens. Folgen: Die Schülerzahlen in Gymnasien sinken.
  • Kloster Weyarn: Ausbau -> Schulbetrieb nun zusätzlich mit den beiden Oberklassen.
  • Bedeutend: Probst Rupert Sigl
  • 1765-1770 legen 10 Chorherren die Profess ab, fast alle bleiben als Professoren und Musiklehrer im Schulwesen
  • Kloster Weyarn mit vollwertigem sechsklassigem Gymnasium (Unterricht durch 3 Professoren. Unterricht auch in Französisch. Chorherren unterrichten Musik. Rund 90 Schüler im Seminar
  • Aufstockung des Seminargebäudes.
    1803: 2 Schlafsäle, i 84 Betten (vgl. Chronik Band 8, Klosterschätze, S. 10f)
  • Jahresablauf:
    Oktober/November: Eltern bringen ihre Söhne;
    Anfang November: Schuljahresbeginn mit Gottesdienst in der Seminarkapelle (Jakobskapelle);
    Anfang August: Bittgänge zu verschiedenen Wallfahrtskirchen; Prüfungen, anschließend Proben für die Theateraufführung, die Anfang September das Schuljahr abschließt.
  • Das Seminar war eine eigenständige Wirtschaftseinheit mit eigener Küche, eigenem Garten, eigenen Kühen, und eigenen Angestellten, das durch die Schulgelder {…] sogar jährlich Überschüsse […] abwarf. (siehe Chronik Band 8, S. 12)

Kloster Weyarn und das Bildungswesen ab 1780

  • 1781: Zuständigkeit für die höheren Bildungsanstalten geht auf die Klöster über.
  • Die Augustiner Chorherren stellen das Lehrpersonal des Münchner Gymnasiums (heute Wilhelmsgymnasium). Der Weyarner Chorherr Albert Kirchmayer wirkt als Professor der Rhetorik.
  • Führender Chorherr und bedeutender Vertreter der katholischen Aufklärung in Bayern ist der Pollinger Probst Franz Töpsel. -> Heftiger Konflikt mit den konservativen Stiften Weyarn, Rottenbuch, Dießen und Gars.
  • Ab 1790 wird Töpsel schrittweise verdrängt. Am Gymnasium in München unterrichten zeitweilig 3 Weyarner Chorherren.
  • 1794 übernehmen Benediktiner das renommierte Gymnasium; in die Zuständigkeit der Augustiner Chorherren fällt nur noch Neuburg an der Donau.
  • Antiklösterliche Bildungspolitik -> die Schulordnung von 1799 verlangt: sämtliche Klosterseminare müssen schließen und müssen in Realschulen umgewandelt werden
  • Folge: Rückgang der Schüler im Kloster Weyarn; Ende 1802: 19 Schüler, Anfang Januar 1803: Das Seminar wird endgültig geschlossen.